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Aachener Zeitung • Pedro Obiera 

Auf seiner sechsten Station hat das Aachener Sinfonieorchester in Amerika Halt gemacht. Im gut besuchten Eurogress präsentierte man endlich eine Werkfolge, die ohne programmatische Verrenkungen hielt, was das Motto „Amerika“ verspricht: Musik von fünf waschechten Komponisten des Kontinents. Wobei der versierte amerikanische Gastdirigent Robert Moody sehr geschickt bekanntere Stücke von Samuel Barber und Leonard Bernstein mit hörenswerten Raritäten mischte.John Corigliano, Jahrgang 1938, gehört zwar zu den bedeutendsten Komponisten Amerikas, wird in Europa jedoch trotz des engagierten Einsatzes von Stars wie Simon Rattle immer noch eher als Geheimtipp gehandelt. Wie lohnend die Begegnung mit seiner Musik sein kann, beweist er mit seiner Chaconne für Violine und Orchester, die einen Höhepunkt des Abends markierte. Dass das Werk ursprünglich als Musik für den Film „The Red Violin“ gedacht war, mindert nicht seinen Wert, sondern spricht eher von der hohen Qualität, die Filmmusik erreichen kann. Zu hören ist ein etwa 17-minütiger Variationszyklus über eine Folge von sieben Akkorden, der von einer schier unerschöpflichen Fantasie im Umgang mit Klangfarben, Stimmungen und Kompositionstechniken zeugt und dabei emotional berührt, ohne sentimentale Grenzen zu streifen. Eine dankbare Herausforderung: Der Solist Christoph Koncz meisterte die technischen Klippen und konnte sowohl den spirituellen Gehalt als auch die klanglichen Delikatessen des Werks souverän zum Ausdruck bringen, ebenso wie das von Moody glänzend einstudierte Orchester.Zuvor gab es als Einstand den relativ bekannten, von lateinamerikanischem Kolorit durchtränkten „Danzón“ Nr. 2 des Mexikaners Arturo Márquez und eine Tondichtung des weniger bekannten Komponisten Mason Bates. „Desert Transport“ heißt dessen recht originelles, wenn auch etwas langatmiges Werk, in dem Bates Eindrücke von einem Helikopterflug über die Landschaften Arizonas verarbeitet.Nach der Pause zelebrierten die Streicher der Aachener Sinfoniker in extrem gedehntem Tempo Samuel Barbers berühmtes Adagio, bevor sich mit den „Chichester Psalms“ von Leonard Bernstein endlich wieder eine Chorvereinigung in stattlicher Formation präsentieren durfte. Für Bernsteins jüdisch inspirierte, bewusst leicht fassbar arrangierte Psalmvertonungen standen gleich drei Chöre auf der Bühne: der Aachener Opernchor, der Sinfonische Chor und der in Bergisch Gladbach ansässige Konzertchor Tonart, einstudiert von Jori Klomp und Johannes Honecker. Die „Chichester Psalms“ verlangen dem Chor zwar keine allzu schwierigen Aufgaben ab, aber die Tür für anspruchsvollere Aufgaben ist geöffnet.Robert Moody wandelte stilsicher auf dem Grat zwischen religiöser Inspiration und effektvoller Oberflächenpolitur. Zusammen mit dem Countertenor Thomas Scott-Cowell, der seine kleine Partie souverän ausführte, dem Aachener Orchester und den Chören gelang ihm damit ein eindrucksvoller Ausklang des interessanten Konzerts.